Hildegard von Bingen
(1098-1179)

Im Jahr 198 wurde Hildegard im pfälzischen Bermersheim bei Alzey geboren. Sie war das zehnte Kind, ein schwächliches, krankheitsanfälliges Geschöpf – was sie auch zeitlebens blieb. Umso erstaunlicher ist das für damalige Verhältnisse hohe Alter von 81 Jahren, das sie erreichte.

Mit acht Jahren kommt sie unter die Obhut der Hl. Jutta, die zunächst als Klausnerin am Disbodenberg bei Bingen lebt. Nach und nach entwickelt sich aus der Klause ein Nonnenkloster. Aus dem Klausenmädchen Hildegard wird eine junge Frau, die sich für das Ordensleben entscheidet. Anlässlich des offiziellen Eintritts in den Orden verbindet sich erstmals Hildegards persönliche Biographie mit der Geschichte Bambergs: anstelle des Mainzer Bischofs, der von Kaiser Heinrich V. gefangengehalten wird, nimmt Bischof Otto von Bamberg die Gelübde der jungen Nonne ab.
Über die folgenden Jahre wissen wir wenig. Ob sie in dieser Zeit neben den grundlegenden Fähigkeiten des Lesens und Schreibens, neben der Einübung von Gebetszeilen und Liturgie auch ein systematisches Studium theologischer Literatur betreibt, ist unklar. Für eine Frau wäre dies zu damaliger Zeit eher unwahrscheinlich. Allerdings ist erstaunlich, mit welcher Kompetenz Hildegard in späteren Jahren als Seelsorgerin und Lehrerin in kirchlichen Obliegenheiten auftritt.
Als die später heiliggesprochene Jutta stirbt, wird Hildegard 1136 Äbtissin des Klosters Disbodenberg. Im Jahr 1147 ziehen die Nonnen aus dem für sie zu klein gewordenen Kloster aus und gründen unter Führung Hildegards am Rupertsberg bei Bingen ein eigenes Kloster. Diese Entscheidung bedingt eine tiefe Lebenskrise der sensiblen, gebrechlichen Frau, denn die Mönche, in deren Obhut das Nonnenkloster bisher gestanden hat, machen größte Schwierigkeiten. Es gibt Probleme bei der Organisation und Finanzierung, und eineige Nonnen verlassen Hildegard. Der Körper Hildegards reagierte mit längeren Krankheitsphasen. Doch 1151 können Kirche und Kloster eingeweiht werden. Im Lauf der Zeit übt das Koster Rupertsberg eine starke Anziehung aus, – nicht zuletzt durch die persönliche Ausstrahlung Hildegards. Alles, was gewissermaßen geistesgeschichtlich “in der Luft liegt”, mache sie zum Gegenstand ihrer Überlegungen. Ob Philosophie, Theologie, Medizin, Musik, Naturwissenschaft – in all diese Bereiche vertieft sie sich. Immer wider betont sie dabei, dass sie sich förmlich getrieben sieht, zu schreiben, ihre Gedanken offenzulegen. In diesem Sinne gehört Hildegard zu den grossen Sprecherinnen in der Geschichte, zu den Prophetinnen, denn letztendlich schreibt sie diesen Drang, sich auszudrücken, Gott zu.
Will man angesichts des ungeheuer weit gespannten Interesses dieser Frau die Themen, mit denen sie sich beschäftigte, auch nur annähernd skizzieren, muss sich jeder Hinweis zwangsläufig auf das Wesentliche beschränken.

Hildegard und die Heilkunde:
Sie befasste sich mit Naturkunde, erforschte Krankheiten und entwickelte Therapien, beschrieb Pflanzen udn Tiere, Edelsteine, Metalle und andere “Elemente”. All dies stellt sie in den Dienst der Gesundheit des Menschen. Pathologie versteht sie im Zusammenhang des gesamten Kosmos. Ausführlich spricht sie von den körperlichen, seelischen, konstitutionellen, charakterlichen und geistigen Grundlagen des Menschseins. Dabei vertieft sie sich stellenweise auch in medizinisches Detailwissen, etwa in das, was wir heute Stoffwechselvorgänge, Viren und Bakterien nennen.
Über zweitausend Rezepte bieten Hildegards Überlegungen zur Therapie an. Darin enthalten sind Inhalationen, Bäder Packungen, Salben, Tees, Pillen, Anderlässe – bis hin zu Ansätzen zu einer Ernährungslehre. Hildegard unterscheidet therapeutisch zwischen lindern, bessern, helfen und heilen.

Hildegard als Seelsorgerin:
Was ganz ungewöhnlich war: dies Äbtissin von Bingen machte mehrere Predigtreisen, bei denen sie auf Marktplätzen und in großen Kirchen sprach und dabei Bischöfen, Äbten und Äbtissinnen die Leviten las – stehts ganz um Ordnung und Versöhnung bemührt. Sie kam unter anderem nach Köln, Metz, Trier und Würzburg. Noch als Siebzigjährige machte sie Visitationsreisen zu den mittlerweile gegründeten Tochterklöstern.
Auf einer dieser Reisen berührt sich abermals Hildegards persönliche Geschichte mit der Bambergs: Sie pflegte schon lange Kontakt zum Kloster Ebrach und stand in Verbindung zu Bischof Eberhard. Durch Briefe an den Abt Helmrich und an die Mönche vom Kloster Michelsberg schlichtete sie einen lange schwelenden Streit zwischen Klosterleitung und Konvent.
Ohne allzu großen Respekt vor den weltlichen und geistlichen Autoritäten ihrer Zeit griff sie immer wieder in den Streit zwischen Kaiser und Kirche ein und bewahrte sich ein selbstbewusstes Urteil.
Hildegard von Bingen starb 1179 – eine große Frau der abendländischen Geschichte, deren Werk gerade heute in der alternativen wie in der Schulmedizin Beachtung findet.

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